Asyl und Resettlement für Geflüchtete aus Myanmar in Deutschland
Executive Summary
Seit dem Militärputsch im Jahr 2021 treiben der anhaltende Konflikt und die schweren Menschenrechtsverletzungen viele Menschen aus Myanmar in die Flucht und zwingen sie, anderswo auf der Welt Asyl und Schutz zu suchen. Trotz der ernsten Lage wird über den Bürgerkrieg kaum berichtet, auch nicht in Deutschland, wo Geflüchtete aus Myanmar im Asylverfahren vor zahlreichen Herausforderungen stehen. Dieses Paper beleuchtet die Asyl- und Resettlement-Erfahrungen von Geflüchteten aus Myanmar in Deutschland und geht dabei sowohl auf ihre Lebensrealität als auch auf den rechtlichen Rahmen in Deutschland ein. Auf diese Weise möchten wir Aufmerksamkeit für Geflüchtete aus Myanmar schaffen und formulieren politische Forderungen und Empfehlungen, die ihre Lage in Deutschland verbessern sollen. Zu diesem Zweck haben wir Interviews mit Menschen aus Myanmar in Deutschland sowie mit verschiedenen Organisationen und Expert*innen geführt, die im Bereich Asyl und Resettlement tätig sind. Darüber hinaus haben wir Fragen an das BAMF und das BMI gerichtet und Antworten erhalten, die in unsere Analyse eingeflossen sind.
Unsere Recherchen zeigen, dass die Zahl der Asylanträge von Menschen aus Myanmar seit 2021 jährlich gestiegen ist. Von Januar 2021 bis September 2024 wurden 611 Anträge gestellt und 481 Asylentscheidungen getroffen, 37,42% davon waren Ablehnungen. Diese Zahlen geben jedoch nur ein eingeschränktes Bild wieder, da Asylsuchende aus Myanmar oft durch Berufungen bei den Verwaltungsgerichten einen (höheren) Schutzstatus erhalten, der in den Statistiken des BAMF nicht erfasst ist. Obwohl wir davon ausgingen, dass die BAMF-Außenstellen, die sich mit Myanmar befassen, über ein tiefgehendes Verständnis der dortigen Situation verfügen, haben wir erhebliche Wissenslücken festgestellt. Die verspätete Neubewertung der Lage in Myanmar durch das BAMF im August 2024, die den internen bewaffneten Konflikt im gesamten Land endlich anerkennt und voraussichtlich die Asylentscheidungen in Deutschland erheblich beeinflussen wird, sollte dazu beitragen, diese Wissenslücken etwas zu schließen. Infolgedessen werden viele Asylbewerber*innen einen subsidiären Schutzstatus erhalten. Dieser Status stellt jedoch Staatsangehörige Myanmars vor neue Herausforderungen, da sie nach deutschem Recht versuchen müssen, ihre Pässe über die vom Militär kontrollierte Botschaft zu verlängern, um von den Ausländerbehörden einen Reiseausweis für Ausländer*innen zu erhalten. Dies ist jedoch nahezu unmöglich, da sich die Botschaft weigert, ihren Verpflichtungen nachzukommen.
Die Interviews mit geflüchteten Menschen aus Myanmar in Deutschland zeigen, dass sie mit diversen Hindernissen konfrontiert sind, wie etwa dem begrenzten Wissen der BAMF-Mitarbeiter*innen über Myanmar, erheblichen Sprachbarrieren, unzureichenden Übersetzungsdiensten während der Asylanhörungen sowie den langfristigen Auswirkungen von traumatischen Ereignissen auf ihre psychische und körperliche Gesundheit. Die weiblichen Asylsuchenden berichten über Belästigung in der Öffentlichkeit, zögern aber aufgrund ihres unsicheren Status oft, sich dagegen zu wehren. Zudem sind viele Asylbewerber*innen im Verlauf des Asylverfahrens Diskriminierung ausgesetzt, weil sie nicht ausreichend über ihre Rechte informiert sind. Zusätzlich verweigert die vom Militär geführte myanmarische Botschaft in Berlin Bürger*innen aus Myanmar die Verlängerung ihrer Pässe, wodurch sie indirekt gezwungen sind, Asyl zu beantragen. LGBTQIA+-Asylsuchende fühlen sich bei der Anhörung zu ihrem Asylantrag oft unwohl, was sie daran hindert, ihre Identität vollständig offenzulegen. Qualifizierte Geflüchtete aus Myanmar haben zudem häufig Schwierigkeiten, eine Anstellung zu finden, da ihre Qualifikationen nicht anerkannt werden.
Trotz der Zusage Deutschlands, Geflüchtete im Rahmen des UNHCR Resettlement-Programms aufzunehmen, wurden seit dem Militärputsch keine myanmarischen Staatsangehörigen in Deutschland aufgenommen. Dies zeigt deutlich die Grenzen des Programms bei der Erfüllung des dringenden Schutzbedarfs von Geflüchteten aus Myanmar auf.
Das Paper schließt mit konkreten Forderungen und Empfehlungen, die auf einen stärkeren Schutz und eine bessere Unterstützung für Geflüchtete aus Myanmar abzielen, und an deutsche Behörden gerichtet sind. Diese Forderungen und Empfehlungen plädieren für Maßnahmen wie besser informierte Asylentscheidungen, verbesserten Zugang zu Übersetzungsdiensten und eine Erweiterung des Resettlement-Programms. Unsere Forderungen und Empfehlungen heben außerdem die Bedeutung der Rolle Deutschlands bei der Wahrung der Rechte von Geflüchteten hervor und betonen die Verpflichtung des Landes zu den Menschenrechten.
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Asyl und Resettlement für Geflüchtete aus Myanmar in Deutschland
© German Solidarity Myanmar, 2024
Veröffentlichungsdatum: 04.12.2024
Autor*innen: Stefanie Clamor, Verena Hofer, Saw Kyaw Zin Khay
Titelbild: Phoe Thar
Fotografie (S. 8f): BaTi
Illustration (S. 17, 19, 23): Phoe Thar
Artwork (S. 21): Min Ma Naing
Layout: Aung Kyaw Min
Über German Solidarity Myanmar
German Solidarity Myanmar (GSM) ist eine junge aktivistische Organisation, die sich durch politische Bildung, Öffentlichkeitsarbeit und Advocacy für die myanmarische Demokratie-Bewegung einsetzt. Der Verein engagiert sich für eine entschiedenere Haltung und proaktive Myanmar-Politik der Bundesrepublik Deutschland sowie der Europäischen Union.